Lana Del Rey sorgte in den letzten Wochen und Monaten für reichlich Gesprächsstoff, der Hype dürfte sicherlich auch noch einige Zeit so wei...

Lana Del Rey - Born To Die























Lana Del Rey sorgte in den letzten Wochen und Monaten für reichlich Gesprächsstoff, der Hype dürfte sicherlich auch noch einige Zeit so weiter gehen und wenn im Dezember das Pop-Jahr 2012 reflektiert wird, so wird ihr Name auf keinen Fall fehlen. Wer außer der Single "Video Games" noch nichts von dieser Dame gehört hat, benötigt dringend einige Fakten oder Floskeln, um für den zukünftigen Pop-Smalltalk gerüstet zu sein und nicht wegen etwaiger Unwissenheit mit verblüfften Augen angesehen zu werden:

"Den Clip zu "Video Games" soll sie ja selbst an ihrem iPhone geschnitten haben."

"Sie heißt ja ursprünglich Lizzy Grant und war schon Monate vor ihrem Durchbruch als Singer/Songwriterin in New Yorker Clubs unterwegs."

"Es gab auch schon 2008 eine erste EP und 2010 ein Album, von dem niemand recht Notiz nahm und welches von ihrem Management wieder zurückgezogen wurde."

"Hübsche Frau - aber die Lippen sind doch wohl aufgespritzt, oder?"

"Während das Konzerttagebuch von ihren Live-Qualitäten begeistert ist (und nicht nur von diesen!) hat sie sich im US-Fernsehen wohl ziemlich blamiert."

"Der Stil- und Namenswandel ist doch nicht authentisch. Da steckt doch ihr Management dahinter! (...) Oder ihr Vater, der soll ja Millionär sein."

"Diese Lippen!"




"Born To Die" dürfte sicherlich zu den Alben 2012 zählen, die am heißesten erwartet wurden. Dabei konnte man, wenn man Augen und Ohren offen hielt, nicht nur die 3 vorab bekannten Songs "Video Games", "Blue Jeans" oder "Born To Die" hören, sondern noch einige andere, so dass die Platte nun nur noch mit relativ wenigen Überraschungen aufwartet. Genauer gesagt: mit relativ wenig positiven Überraschungen.

"Born To Die" spinnt die bombastisch orchestrierte Idee des Pop-Noir von "Video Games" geschickt weiter und klingt wie eine Mischung aus Madonnas "Frozen" und "The Power Of Goodbye". "Off To The Races" zeigt, dass Lana Del Rey nicht nur mit tiefer Stimme croonen kann (wie Cat Power), sondern auch in höheren Stimmlagen (Ähnlichkeiten zu Kylie Minogue oder Minnie Mouse) agieren und dadurch dem Album mehr Vielfalt verleihen kann. Ein sicherer Pop-Hit mit R'n'B-Appeal. Es folgen die tollen "Blue Jeans und "Video Games" bevor mit "Diet Mountain Dew" und seinen Hip Hop Beats ein weiterer bereits zuvor bekannter Song kommt.
Es folgen 7 weitere Titel, die zwar dem selben Schema (Retro-Bombast trifft minimale Beats) folgen, aber bei weitem nicht so überzeugen können: "Dark Paradise" und "Radio" sind seichte bis belanglose Popsongs, die auch von Britney Spears stammen könnte, "Carmen" ist ein aufgeblasener und schwülstiger Schmacht-Fetzen und "Million Dollar Man" klingt als wäre er bei einem James Bond-Soundtrack ausgemistet worden.

Die Deluxe Version des Albums kommt mit den verzichtbaren Bonus-Tracks "Without You", "Lolita" und "Lucky Ones".



Die Songkollektion mit dem etwas zu marktschreierischen Titel Born To Die beendet den kurzen Siegeszug über die gerade gängigen Inszenierungen von Weiblichkeit im Pop mit einem Rutsch ins, sagen wir es doch, Normalmaß. Spielten der Charts-Hit „Video Games“ und „ Blue Jeans“, die beste Lee-Hazlewood-Ballade nach Lee Hazlewoods Tod, mit den großen Gefühlen aus der Ära der vordigitalen Unterhaltung, intoniert von einem gefallenen Retro-Girl, das sich vor der Welt mit seinen dunklen Geheimnissen zu entblättern wusste, geht der Rest des Albums einfach nur in Ordnung. Die Künstlerin ist erlöst vom frühen Hype, die Fans dürfen sich ihre Lana Del Rey jetzt eine Nummer kleiner malen: Sie muss sich mit den breiten Keyboardflächen der Ebenen abmühen, mit Tribal Beats, die aus dem Baukasten von ein paar Mainstreamproduzenten gekommen sind, die nichts Besseres zu tun haben, als Lana Del Reys exquisite Nancy-Sinatra-Stimme in einen Bombastpopkontext zu befördern („Off To The Races“ und „Dark Paradise“) oder gleich in den Dienst eines schlappen amerikanischen Mainstream-Radio-Songs („Summertime Sadness“). Es gibt diese Momente, in denen die Sängerin sich auf dem coolen Gitarrentwang der Rock’n’Roll-Gründerjahre mit der Eleganz einer Diva zu bewegen weiß, aber ohne das glamourös-heimelige Bilderwerk ihrer ersten beiden Songs verfliegt der Zauber des Morbiden und Mysteriösen sehr schnell. Lana Del Rey ist nach dem frühem Höhenflug wieder auf dem Boden gelandet. Nicht mehr und nicht weniger.


12 Kommentare:

  1. 'Kinda outta luck' war einer meiner Lieblinssongs aus dem letzten Jahr und mit Abstand der beste LanadelRey Song. Wird seltsamerweise nirgends erwähnt und wurde auch aus der Platte gestrichen. Hoffe mal auf 3-4 geile Hits, der Rest wird wohl eher mittel bis unerträglich.

    AntwortenLöschen
  2. Sehe ich auch so, Ingo. Tut nicht weh, ist aber auch den vielen Trubel nicht wert.

    AntwortenLöschen
  3. @ Christoph & Ingo: Musik aus der Konserve ist immer belanglos, gerade Christoph sollte das wissen. Was zählt ist der Liveeindruck und der war in Paris sensationell gut!

    AntwortenLöschen
  4. "Musik aus der Konserve ist immer belanglos" - dazu schnell einmal "Sgt. Pepper's Lonely Hearts Club Band" (oder jedes andere Beatles-Album nach August 1966) aufgelegt.

    Oder doch lieber "Spirit Of Eden" und "Laughing Stock" von Talk Talk?

    Oder irgendein Kate Bush Album aus den letzten 30 Jahren?

    AntwortenLöschen
  5. Ich habe mir durch die vielen Konzerte die Freude an Tonträgern einfach verdorben. Im Vergleich zu live Gehörtem erscheinen mir die Studioversionen hinterher immer fad und steril. Selbst die Joy Division Alben (die ich liebe) haben mit der agressiven Liveband mit dem fuchsteufelswild schreienden Sänger nichts zu tun. Man kann kaum glauben, daß es sich um eine Punkband handelt, wenn man nur die Alben kennt. Martin Hannett hat die Lieder mit seiner Produktion zugekleistert, ja sie gar seiner Identität beraubt.

    Das Album von Lana Del Rey habe ich mir gar nicht gekauft, es wird mir nichts geben, überproduziert sein, mich kalt lassen.

    Die Beatles Alben kann ich mir gar nicht geben, alle Lieder sind totgenudelt und nervtötend. Als ich aber die hervorragende Doku zu George Harrison von Scorcese gesehen habe, wurde mir bewußt wie berauschend die Beatles live gewesen sein mussten.

    Livemusik ist durch nichts zu ersetzen, durch gar nichts!

    AntwortenLöschen
  6. "A Day In The Life" totgenudelt? "Tomorrow Never Knows" nervtötend?
    Man soll sich ja auch selbst diskreditieren können...

    Und wo kann man noch einmal deinen Joy Division Konzertbericht nachlesen?

    AntwortenLöschen
  7. Wenn man mal den ganzen blöden Hype außen vorlässt und nicht entweder gleich negativ oder aber mit zu hohen Erwartungen rangeht, bleiben doch einige schöne Popnummern übrig

    7,5

    AntwortenLöschen
  8. Ich hab nichts gegen Konserve und bei blöden Hypes bin ich normalerweise auch immer dabei. Aber das ist einfach nur uninteressant: 3 Punkte

    AntwortenLöschen
  9. Eine deutlich schwächere zweite Hälfte zieht meine Wertung auf 7 Punkte herab.

    AntwortenLöschen
  10. Schlimm, diese Hip Hop Produktion. Da kann man ja gleich Nelly Furtado hören. Eine ziemliche Zumutung dieses Album und die Version von Blue Jeans ist schrott.

    3 Punkte

    AntwortenLöschen