Näher an den Anfängen von Apparat und den Sounds von Moderat und Modeselektor, die Thom Yorke sehr schätzt, als das geste...

Atoms For Peace - Amok

















Näher an den Anfängen von Apparat und den Sounds von Moderat und Modeselektor, die Thom Yorke sehr schätzt, als das gestern vorgestellte "Krieg und Frieden (Music For Theatre) steht aufgrund seiner elektronischen, hypnotischen und dominierenden Beats "Amok". Und natürlich näher an den letzten beiden Veröffentlichungen von Radiohead - denn so groß sind die Unterschiede zwischen Yorkes Hauptband und seinem Nebenprojekt, das sich 2009 zur Live-Umsetzung seines Solodebüts "The Eraser" (2006) zusammenfand, eigentlich nicht mehr. 
Der Begriff Nebenprojekt trifft es eigentlich nicht wirklich, denn für Atoms For Peace, benannt nach einem Song von "The Eraser", wird gern die Beschreibung Supergroup herangezogen, stehen in ihr doch neben Thom Yorke (Gesang, Gitarre, Keyboards, Piano) auch noch Flea (Bass) von den Red Hot Chili Peppers, der Radiohead-Produzent Nigel Godrich (Keyboards, Produktion), Joey Waronker, der schon für Beck und R.E.M. Schlagzeug spielte, und der auch von David Byrne und Brian Eno geschätzte, brasilianische Percussionist Mauro Refosco.

"Amok" ist optisch wie akustisch eine konsequente Fortsetzung von "The Eraser" und es bedarf keiner großen Phantasie, um sich Songs wie "Ingenue" oder "Judge, Jury And Executioner" auch auf einem Radiohead Album vorstellen zu können. Stilprägendes Merkmal ist natürlich Thom Yorks Falsett-Gesang, dazu gibt es verschrobene, vielschichtige Rhythmen, reichlich klackernde und pluckernde Geräusche, Samples sowie Loops und Fleas Bass dominiert da, wo Greenwoods Gitarre absent ist. 

Mit "Before your very eyes" startet "Amok" also, bereits in den ersten Sekunden stellt sich Flea angemessenerweise vor: Der Bass ertönt, den Funk seiner Hauptband gibt es hier als Sonderzugabe, dazu ein hypnotischer Uptempo-Beat, und schließlich Yorkes eindringlicher Gesang: "Look out of the window / What's passing you by? / If you really want this / Bad enough." Ein beklemmendes Gefühl macht sich in der Magengrube breit. Eine Mischung aus unheilsschwangerer Finsternis und doch erlösender Hoffnung legt sich über die Melodie, Yorkes Falsetto bohrt sich mit einem sich wiederholenden "Sooner or later" seinen Weg in die Gehörgänge, Synthesizer gesellen sich dazu, und der Einstieg in "Amok" endet in einem langsam steigenden, aber gewaltigen Inferno. Das wäre also geschafft. "Unless" versucht sich auf die gleiche Weise, scheitert aber kurz vor der Zielgeraden am sterilen Unterton des Keyboards. Wenn man so etwas "scheitern" nennen kann. Was man schlichtweg nicht kann.

Auf sanftere Weise kommen "Default", der erste Vorbote von "Amok", und "Reverse running" daher. Beide versehen mit einer deutlich versöhnlicheren poppigen Note, bei denen Yorke im Vordergrund steht und jeder einzelne Ton auf ihn abgestimmt ist - bis sich im zweitgenannten Song schließlich tumultartige Bilder vor dem geistigen Auge abspielen und die Musik sich in einem elektronischen Feuerwerk verliert. Deutlich klarer wird "Stuck together pieces", bei dem der Bass gemeinsam mit dem Geklapper der am Computer hergestellten Beats jeglichem anderen Ton oder gar Yorkes Stimme locker den Rang abläuft. Wie eine Welle erklingt schließlich die Gitarre und erfasst den Hörer, reißt ihn mit sich, taucht ihn unter, nur um ihm kurz vor Schluss mit einem erlösenden Atemzug vor dem endgültigen Untergang zu bewahren. Passenderweise wartet der euphorischste Song dieses Kraftaktes von einem Album ganz am Schluss auf seine Chance - eben dabei wartet der Titelsong von "Amok" aber auch mit schweren Geschützen auf. Aufbruchstimmung macht sich breit, der Gesang wirkt nebulös, eine merkwürdige Art von Melancholie und Sehnsucht brodelt vor sich hin, bis die letzten Töne doch mehr Frieden bringen, als man anfangs noch für möglich gehalten hätte. Ob Atoms For Peace nach so viel Einkehr zum Tatort zurückkehren werden? Es bleibt zu hoffen. Vorerst aber übernehmen wir es gerne für sie: Klick.
(Plattentests


fast hätte man sie allerdings gar nicht erkannt – der anfängliche latinogroove von ‘ before your very eyes ‘ vermag einen kurz zu überraschen. loops, samples, geräusche, einfach an den richtigen stellen miteinander verknotet und fertig ist die laube – tja, “einfach”, als ob man es nicht besser wüsste. etwas mehr gehört wohl schon dazu, damit es an der richtigen stelle poppt und ploppt – die technobeats von ‘ default ‘, der wassertropfen als taktgeber bei ‘ ingenue ‘ und das dunkle wummern und pochen, mit dem ‘ dropped ‘ eröffnet und das sich dann zaghaft aufhellt und belebt. der part von flea geht dabei deutlich über den einer assistentenstelle hinaus – die stücke auf ‘ amok ‘ hätten ohne ihn ganz sicher nicht den vibe, mit dem sie hier glänzen.
auch wenn die eher düsteren, ja paranoiden texte auf’s erste nicht ganz so zum flirrenden sound passen wollen, das gewohnt emotionale belcanto von yorke harmoniert einmal mehr erstaunlich gut mit der nervösen maschinenmusik der band. ein permanent tickendes schlagwerk untermalt die klug gesetzten gitarrenspuren von ‘ stuck together peaces ‘, ‘ judge jury and executioner ‘ wird von flea regelrecht durch die membranen gejagt, auch dem schlussstück dient sein bass als grundgerüst, auf welchem sich allerlei instrumente zum vielstimmigen finale treffen. man darf sich also ein runde ungetrübter freude gönnen, muss danach aber gleich ans tagesgeschäft denken und mit jeder menge stoßgebeten dafür sorgen, dass atoms for peace nicht nur dieses eine mal im berliner berghain stoppen, sondern noch ein paar termine dazubuchen – wir jedenfalls wären sicher vor ort.
(oh fancy)


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