So, da ist er also, der 3000. Post bei Platten vor Gericht. Auch wenn dieser - aufgrund von Endständen, neuen Geri...

Ms. John Soda - Loom
























So, da ist er also, der 3000. Post bei Platten vor Gericht. Auch wenn dieser - aufgrund von Endständen, neuen Gerichtsterminen, Bestenlisten, Mixtapes usw. - nicht gleichbedeutend mit dreitausend Plattenvorstellungen ist, so musste dafür dennoch eine besondere Band her. 

Da ich bereits seit 9 Jahren auf einen Nachfolger von "Notes And The Like" (2006) und "No P. Or D." (2002) warte, es 2015 keine neue Alben von The Notwist oder Lali Puna geben wird und das Label Morr Music recht häufig in meinem Plattenregal vertreten ist, habe ich mich für Ms. John Soda, das Projekt von Stefanie Böhm (Couch) und Micha Acher (The Notwist, Tied & Tickled Trio), entschieden.

Die Begriffe Electronica und Indietronics waren bereits früher wie gemalt für die melancholisch schimmernde, elektronisch knarzende Musik von Ms. John Soda, und dies hat sich auch mit "Loom" nicht großartig geändert. Bis auf wenige Ausnahmen ("Sirens", "Hero Whales") schweben und pluckern die zehn Songs eher sanft daher, lassen sich große Unterschiede, wie zum Beispiel Böhms Sprechgesang auf "Hi Fool", nur dezent heraus hören, sind Neuerungen, etwa die Posaune in "Sodawaltz" nur spärlich vorhanden. Aber genau das habe ich mir gewünscht.

Ich weiß noch nicht, an welcher Position sich "Loom" in den Top 20 meiner liebsten Morr Music-Platten einsortieren wird, aber es wird auf jeden Fall passieren:

1. Ms. John Soda - No P. Or D. (morr 031)
2. Lali Puna - Scary World Theory (morr 023)
3. Styrofoam - Nothing's Lost (morr 049)
4. Sin Fang - Flowers (morr 120)
5. Lali Puna - Our Inventions (morr 098)
6. Sin Fang - Summer Echoes (morr 104)
7. Seabear - We Built A Fire (morr 097)
8. múm - Sing Along To Songs You Don't Know (morr 092)
9. Guitar - Sunkissed (morr 032)
10. Electric President - Electric President (morr 062)
11. Lali Puna - Faking The Books (morr 044)
12. Ms. John Soda - Notes And The Like (morr 064)
13. Electric President - Sleep Well (morr 084)
14. Sin Fang Bous - Clangour (morr 088)
15. Radical Face - Ghost (morr 069)
16. Sóley - We Sink (morr 107)
17. Pascal Pinon - Pascal Pinon (morr 101)
18. Hermann & Kleine - Our Noise (morr 026)
19. múm - Yesterday Was Dramatic - Today Is OK (morr 058)
20. The Go Find - Miami (morr 047)


Ausgeruhtheit bedeutet bei Ms. John Soda Souveränität. Ein bisschen Sicherheit, die nicht gleich Konservatismus, Spießertum oder Nostalgiemodus heißen muss, kann in all dem schwachsinnigen Weltterror nicht schaden. Loom ist deswegen weder Opium noch Eskapismus. Ms. John Soda machen traurig und trösten im selben Atemzug. Das an Robert Wyatt erinnernde, innehaltende Stück »Sodawaltz« läuft bei mir, während in den Fernsehnachrichten zu sehen ist, wie Kriegsflüchtlinge an Europas Grenzen mit Leuchtraketen beschossen werden (meine Mutter ist einst mit ihrer Mutter und ihrem Bruder auch geflohen), organisierte Kriminelle Kulturgüter niederreißen oder Forscher enthaupten und Idioten in Zügen um sich schießen. Shocking. So kann das nicht weitergehen. Wir müssen etwas tun. »Hi Fool« und »Sirens« weisen den Weg und schreiten voran, »Fall Away« bremst dann am Ende wieder aus, macht nachdenklich. »Spielt Loom und helft!«, denke ich mir. Gegen eine Adiaphorisierung, also Entmoralisierung, im Sinne des Soziologen Zygmunt Bauman. Oder auch gegen den etwas weniger bedrohlichen Verlust einer Utopien offerierenden Popmoderne im Sinne des Journalisten und Zeitdiagnostikers Mark Fisher. Ich werde es versuchen. Ms. John Sodas Musik bewegt mich dazu, selbst wenn sie vielleicht ganz anders gedacht war.
(Spex)




Fast zehn Jahre ließ die Frau mit der zarten Stimme nichts mehr von ihrer Band, den Post-Rockern Couch, hören. So lange liegt auch das letzte Lebenszeichen namens NOTES AND THE LIKE von Ms. John Soda zurück. Doch trotz der sehr langen Pause ordneten die beiden ihre Soundwelt nicht neu. So klingt vieles auf LOOM vertraut: Böhm spricht ihre Texte mehr, als dass sie sie singt. Die unkomplizierten, aber nie eindimensionalen Tracks werden von Elektronika, Dream-Pop-Elementen und entrückten Melodien geprägt, auch tauchen die so Acher-typischen Bläser auft.
Obwohl Ms. John Soda aus privaten und beruflichen Gründen mehrere Jahre an LOOM werkelten, spricht das Album eine klare Sprache, franst an den Rändern nicht aus und weist deutlichere Strukturen als die Vorgänger NOTES AND THE LIKE und NO P. OR D. auf. Vielleicht kommt diese Platte trotz all ihrer Stärken zu spät, denn das Sub-Genre Indietronics tritt seit langem auf der Stelle, obwohl sich Ms. John Soda hier weit nach vorne bewegen.
(musikexpress)


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