Das Jahr der doppelten Plattenveröffentlichungen (IV) 273 Tage lagen zwischen der Veröffentlichung von "Use...

Locas In Love - Kalender
























Das Jahr der doppelten Plattenveröffentlichungen (IV)

273 Tage lagen zwischen der Veröffentlichung von "Use Your Illusion 3 & 4" und "Kalender". Album Nummer sechs ließ drei Jahre auf sich warten und das Zustandekommen und die Veröffentlichung waren nicht problemlos erfolgt, so dass in der Zwischenzeit bereits Album Nummer sieben fertig gestellt worden war und ohne Verzögerung erscheinen sollte. Björn Sonnenberg (Gesang Gitarre) hatte sogar so viel Zeit einen 16-seitigen "Aufsatz über das Wesen und das Messen der Zeit, Kalender, Popsongs und meine Band Locas In Love" zu verfassen und Stefanie Schrank fand die Muße einen Wandkalender zu gestalten, der der limitierten Edition der Platte beiliegt. Das Video zur aktuellen Single "Oh!" sorgt dem entsprechend zur Verschmelzung von Album, Album-Cover und Video:




Die 12 Songs (natürlich!) von "Kalender" sind abwechslungsreich wie das Wetter eines Jahres und zirkulieren zwischen Gitarrenpop und Krautrock, Schlager und Shoegaze, brechen textlich mit Reimschemata und Metrik oder bleiben zweimal instrumental, experimentieren mit elektronischen Klängen, sind hymnenhaft, deprimierend, tanzbar, bittersüß, repetitiv oder auch vertrackt. Also typisch Locas In Love und damit eine tolle Ergänzung für den Gabentisch, so dass der Beschenkte nicht nur akustisch sondern auch optisch gut durchs Jahr 2016 geführt wird.


In der Best-Of-Indiepop-Liste 2015 stehen Locas In Love ganz oben. Mal wieder. (taz)


Mit Märkten hat die Band nichts am Hut. Das kommt immer wieder durch zwischen den eingängigen Stücken, den minimal schmalzigen Liebesliedern, den zartbitter besungenen Wirklichkeiten. Zum Beispiel die paar Worte „Es gibt kein richtiges Leben im Bürgerlichen“ in „Oh!“, das zwischen Resignation und Agitation auf knarzigen Synthies dahindriftet. Dieses Driften, Schweifen wohnt vielen Tracks inne, instrumentalen Songs wie dem schleichenden „We Are Cyborg!“ und dem tanzfreudigen „Abstract Machine“, auch hymnenhaften Tracks wie dem bezirzenden „Ruinen“ und dem aufrüttelnden „Ich Werde Ein Lied Für Alle Schreiben“. Zwei Stücke, die sich auf die Seele legen.
Locas In Love sind seit Jahren Experten für etwas, wovor sich viele Bands hüten, weil die Dosierung schnell schiefgehen kann: Pathos. „Und wie jeder kennst du das Gefühl, alles gegeben zu haben und es war nicht genug. Vielleicht war es nicht alles, vielleicht nicht mal viel. Und wer legt es fest, dieses Genug?“, heißt es in „Ruinen“. Sie finden einfache Worte für Scheitern, für Wut und Trauer und spannen sie in charmante Bögen über ausgeklügelte Harmonien. Das ist die schönste, es ist die einzige Art von Schlager, die man sich vorstellen und die man mehr als ertragen kann.
(byte.fm)




Aber auch textlich punkten Locas in Love wie gewohnt durch Ehrlichkeit, Witz und Gesellschaftskritik. Diesmal aber nicht wie beim Vorgängeralbum verpackt in dutzende Anspielungen und Wortspiele, sondern direkter und offener. Eben in neuem “Alphabet” wie schon im zweiten Track festgestellt wird. Besonders nennenswert: Mit “Abstract Machine” und “We Are Cyborg!” haben es wieder zwei knackige Instrumentalstücke auf das Album geschafft von denen vor allem ersterer an die zweite (Instrumental-)Hälfte von “Use Your Illusion 3 & 4″ erinnert.
Gerade solche Songs dienen als Anzeichen für die Vielfältigkeit der Band und stehen in Kontrast zu den ansonsten eher simpel arrangierten und nicht unbedingt von Variation getragenen Liedern. Stattdessen pflanzen sich Melodien und vor allem Textpassagen ganz unbewusst in den Kopf ein und klingen lange nach. “Oh!” wirkt beispielsweise so simpel und banal, doch am Ende scheint “Oh!” der einzig nachvollziehbare Ausruf zur Stimmungslage des lyrischen Ichs. Traurig aber ehrlich. Das ist dann weit entfernt vom Tanz- und Schunkel-Pop von “Lemming” oder vielen Songs der letzten Platte und kommt über seine Stimmung und Lyrics. Ähnlich bei “35 Tausend Millionen” und “Ich Bin Eine Insel”. Dass dieser Spagat beim Texten auch mal schief gehen kann, hört man in “Gebet”, das sich im fulminanten Endspurt dann aber doch noch musikalisch zu retten weiß.
(Radio Q)


Und weil bald Weihnachten ist, haben Locas In Love für ihre Fans noch schnell "Stay Another Day" von East 17 aufgenommen:




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