Ups. 273 Tage vor "Kalender" veröffentlichte das Kölner Quartett Locas In Love bereits das Doppelalum &...

Locas In Love - Use Your Illusion 3 & 4
























Ups. 273 Tage vor "Kalender" veröffentlichte das Kölner Quartett Locas In Love bereits das Doppelalum "Use Your Illusion 3 & 4" und das bringt uns zu folgenden Fragen: Wie konnte uns das durchgehen? Warum ist vorher eigentlich noch niemand auf diesen Titel gekommen? Und wie oft habt ihr euch tatsächlich das zweite, rein instrumental gehaltene, deutlich in Richtung Krautrock tendierende Album gehört? 

Im Musikexpress schrieb Björn Sonnenberg im Frühjahr äußert interessant (bis erschreckend) über die schwierige, fast dreijährige Entstehungsgeschichte von "Use Your Illusion 3 & 4" mit ihren zahlreichen professionellen und kostspieligen klanglichen Unterstützern, wie Peter Deimel (Tocotronic, Anna Calvi, The Kills), John Agnello (Sonic Youth, Dinosaur Jr, Okkervil River), Peter Katis (The National, Jonsi, Sigur Ros, Interpol) und Darryl Neudorf (Neko Case, New Pornographers, The Weakerthans), und die daraus resultierende finanzielle Schieflage. Da wundert es einen schon sehr, wie der limitierten LP-Box ein eigens von Stefanie Schrank und dem New Yorker Action Toy-Künstler Peter Kato hergestelltes Vinyl-Toy, den „Dinobot 3000“, beigelegt sein konnte. Offensichtlich haben Locas In Love also einen Hang zu teuren Produzenten und unrentablen Gimmicks. Zu unserem Glück zeigen sie sich aber auch gebefreudig in Bezug auf eingängige Indiepop-Songs ("Wer weiß", "Teile", "Durch die Dunkelheit" und vor allem die The Smiths-Reminiszenz "Da ist ein Licht") und prächtige Videos: 




Die Gruppe aus Köln seziert Befinden, ohne befindlich zu wirken. Es geht um Freundschaft, um Hingabe, um Liebe, um die damit verbundenen Erwartungshaltungen sowie um Versuche beziehungsweise Weigerungen, all jene zu erfüllen. Was niedergeschrieben trocken klingen mag, funktioniert in der Praxis ganz hervorragend, weil sich die Locas über die Jahre ein eigenes System an Bildern, an Vorstellungen geschaffen haben, aus dem sie immer wieder schöpfen, ohne sich zu wiederholen. Auf USE YOUR ILLUSION 3 & 4 thematisieren sie diese Vorgehensweise einmal ganz konkret: „Neue Sachen“ erzählt nicht nur davon, dass das Dasein in der Band „immer ziemlich gut und immer ziemlich ähnlich“ sei, sondern verweist zudem auf „Sachen“ und „Wintersachen“, zwei der besten Songs aus dem Fundus der Kölner.
Musikalisch pendelt das Album zunächst zwischen den altbekannten Polen Indie, Wall Of Sound und milder Psychedelia, kippt aber: Die zweite Platte des Doppelalbums ist rein instrumental und ruft weniger die eigenen Stücke als Entsprechendes aus Düsseldorf, Glasgow und Chicago in Erinnerung. Insgesamt eher schleichend, manchmal ausufernd, stets hörenswert.
(Musikexpress)




Locas In Love sind Meister darin, Plattitüden wie diese sinnhaft umzudeuten. So wird das von den Smiths adaptierte »Da ist ein Licht« vom Hoffnungsspender zum Blender, weil die Band den Scheinwerfer auf Charaktermerkmale dreht, die uns unangenehm an uns selbst erinnern: Karriere oder die eigene Verkrampftheit etwa. Da reckt das Album den Stinkefinger und drückt energisch in unseren Wunden herum. Weil die Texte und der Gesang auf »Use Your Illusion 3« so zentral sind, halten die Locas auf »Use Your Illusion 4«, dem zweiten Teil der Doppel-CD, einfach mal den Mund. Instrumental ist eine schöne Sprache, und es gibt genug Filme im Kopf, die untermalt werden wollen.
(intro)




Zwar haben Locas In Love aus Köln ihr neues Doppelalbum nach einer der theatralischsten Rockbands der vergangenen Jahrzehnte benannt, drin steckt aber genau der schluffige Indiepop, mit dem sich behütete junge Menschen rund um die Jahrtausendwende vom geisteswissenschaftlichen Studieren ablenkten. Wer Die Sterne, Tocotronic oder Blumfeld zu intellektuell fand, hörte schon damals Locas In Love.
Dass die fast 15 Jahre nach Gründung jetzt bei einem Majorlabel gelandet sind, ist komisch und egal, weil ihr Publikum sich genauso wenig verändert hat wie die Band. Vorn singt Björn Sonnenberg possierlich ungelenke Sätze darüber, dass er sich seit 20 Jahren als Teenager fühlt, zu den Refrains kommt Stefanie Schrank dazu, und das Ruckeln und Flöten und Hauchen dahinter klingt so handgemacht wie eh. Die erwachsenen Geisteswissenschaftler wird das freuen, auch wenn nicht mal die viel mit den elf instrumentalen Stücken auf der zweiten Albumhälfte werden anfangen können.
(Zeit)


4 Kommentare:

  1. Das instrumentale Album lasse ich nicht in die Bewertung einfließen. Klar besser als "Kalender".

    7 Punkte

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  2. So und die letzte Wertung in diesem Jahr geht an die mir unerklärlicherweise deutsche Konsensband. Ach nee, Konsens wäre ja, wenn sich alle drauf einigen könnten.

    6

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