Die erste Vorladung (II) Personalien: Girls in Hawaii sind Jungs aus Belgien: Christophe Léonard (Gitarre, Keyboard),...

Girls In Hawaii - Everest

















Die erste Vorladung (II)

Personalien:
Girls in Hawaii sind Jungs aus Belgien: Christophe Léonard (Gitarre, Keyboard), Daniel Offermann (Bass), Brice Vancauwenberghe (Gitarre), Lionel Vancauwenberghe (Gesang, Gitarre), Antoine Wielemans (Gesang, Gitarre) und Boris Gronemberger (Schlagzeug).

Tathergang:
Zwei Freunde nehmen Songs auf einem 8 Spur-Rekorder auf, rekrutieren ihre beiden Brüder sowie zwei weitere Freunde und fertig ist die Band, die 2000 ihre Anfänge hat und bisher 3 Alben veröffentlichte: "From Here To There" (2005), "Plan Your Escape" (2008) und nun "Everest". 
Jedoch musste die Band im Mai 2010 den Unfalltod ihres Schlagzeugers Denis Wielemans verkraften und es war lange unklar, ob Girls In Hawaii weiter bestehen würden. 2012 nahmen sie nach einem Auftritt beim Deep In The Woods Festival dann doch in drei Sessions in einem alten Herrenhaus in der Nähe von Paris die 11 Songs für "Everest" auf, die von Tchad Blake (The Black Keys, Pearl Jam, Travis, Crowded House) produziert wurden. 

Plädoyer:
Bereits die ersten düsteren und traurigen Töne auf "Everest" lassen deutlich werden, dass Girls In Hawaii hier Trauerarbeit leisten und versuchen den schmerzhaften Verlust von Denis Wielemans zu verarbeiten. "Misses" mit der am Ende häufig wiederholten Textzeile "I Miss You" oder "Mallory's High", das die Geschichte von zwei 1924 verschollen Bergsteigern auf dem Weg zum Gipfel des Mount Everest erzählt, spüren bewegenden Songs nach, wie sie sonst Radiohead, The Flaming Lips oder Naked Lunch im Programm haben.
Andererseits ziert "Everest" auch optimistischere und hoffnungsvollere Songs wie "We Are The Living", "Not Dead" oder die in Richtung von Death Cab For Cutie oder Depeche Mode driftenden "Switzerland" und "Rorschach".     

Zeugen:
Diese schmerzhafte Erfahrung, die die Band verständlicherweise fast zum Aufgeben gebracht hätte, zieht sich wie ein roter Faden durch "Everest". Düsterer klingt es oft, stellenweise reservierter. Die Stücke, die nicht nur vom Tod geliebter Menschen handeln, sondern auch vom sprichwörtlichen Überleben oder Zurückgelassenwerden der Angehörigen und vor allem vom unbändigen Willen, das Beste aus dem Leben zu machen, lassen die Hoffnung trotz aller Traurigkeit niemals aufgeben. Umso überraschender, aber auch befreiender wirkt dann ein Song wie die Pop-Hymne "We are the living", der nach dem gleichermaßen gelungenen wie schwermütigen Start, beinahe ausgelassen wirkt. Und manchmal braucht es eben traurig-mystische Stories, erzählt etwa im sphärischen "Mallory's height", um nachhaltig Gänsehaut zu verursachen. Die wahre Geschichte zweier britischer Bergsteiger, die in den 1920ern den Mount Everest besteigen wollten und kurz vorm Erreichen der Spitze einfach verschwanden, wirkt angesichts der tragischen Bandgeschichte fast wie eine Metapher auf das Leben und den unmittelbar dazugehörenden Tod.

Tiefschwarz dagegen klingt "Here I belong", das sich ganz direkt mit dem Tod des Schlagzeugers auseinandersetzt. Fast ein wenig abwesend wirkt Antoine Wieleman, wie er zu Beginn zur Akustikgitarre von der letzten Nacht mit seinem Bruder berichtet und nur langsam wirklich anfängt zu singen. Tief klingt seine Stimme, und spätestens beim mehrstimmigen Gesang im Refrain und dem Satz "I don't know / Where you've gone / Now" wird der Knoten im Hals immer größer. Da kommt das folk-poppige "Head on" gerade recht, zu dessen lockerer Melodie die Trauer der Aufbruchstimmung weicht und das Licht am Ende des Tunnels Stück für Stück näher kommt. Mit dem psychedelischen "Wars" endet "Everest" schließlich auf reservierte Weise, aber auf hohem Niveau. Wie die Band es geschafft hat, dieses Album überhaupt zu produzieren, ist mit Blick auf die ungeheure emotionale Wucht der Songs beinahe verwunderlich. Dass sie ihre Trauer in etwas Positives umwandeln konnten, ist natürlich dennoch gut für sie — und für uns.
(Plattentests)

Indizien und Beweismittel:



Ortstermine:
27.09.13 Hamburg, Reeperbahn Festival
25.01.14 Dresden, Beatpol

Urteile: 
Nun sind die werten Richter gefragt...


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